Smart Laws & Legislation

Ein neuer Ansatz im Arbeits- und Tarifrecht
11. November 2022 durch
XIMES GmbH, Arlinghaus


Dieser Beitrag wurde als Abstract auf dem 10. Symposium der Arbeitszeitgesellschaft am 21.10.22 in Dortmund veröffentlicht (Gärtner & Arlinghaus: Smart Laws & Legislation)

Wie werden Gesetzestexte im Arbeitszeitrecht umgesetzt?

Arbeitszeitregelungen in Gesetzen oder Tarif-/Kollektivverträgen dienen dem Arbeitsschutz, aber auch der Festlegung von erlaubten Höchstgrenzen, Zuschlägen sowie Mechanismen z.B. für die Durchrechnung bei Überstunden. Sie bilden so ein gemeinsames Regelwerk. Bei der Gesetzgebung und bei Tarif- / Kollektivvertragsverhandlungen werden als zentrales Ergebnis Gesetzes- oder Vertragstexte produziert – zwar nicht mehr in Stein gemeißelt und auch länger als bei Hammurabi, aber eben Texte. Typisch erfolgt dies nach langer Diskussion zwischen den Verhandlungspartner:innen und von ausgewählten Fallbeispielen, am Schluss oft auch unter Zeitdruck und dadurch mit dem Risiko von Qualitätsverlusten.

Die Texte werden danach von sehr vielen verschiedenen Personenkreisen wie Jurist:innen, Berater:innen oder HR-Abteilungen interpretiert, um sie für Einzelfälle anzuwenden oder auch in Software abzubilden (z.B. Berechnung von Arbeitszeit-Kontoständen, Beträge für Zuschläge). Auch Arbeitnehmer:innen und Betriebsrät:innen greifen naturgemäß auf diese Materialien zu. Dabei ist eine Varianz in der Interpretation/Umsetzung fast sicher, wie allgemein im Recht häufig.

Was bedeutet "Smart Laws & Legislation"?

Um die Qualität der Regelungen zu erhöhen und den Zeitaufwand bei der Interpretation/Umsetzung stark zu reduzieren, schlagen wir ein abgeändertes Vorgehen vor. Dieses betrifft insbesondere, aber nicht ausschließlich, jene – meist erheblichen – Teile des Arbeits- und Tarifrechts, in denen es um Berechnungen geht (z.B. Arbeitszeitgrenzen, Zuschläge). Da ähnlich wie bei „Smart Contracts“ (die Inhalte von Verträgen in einem Rechenwerk abbilden) das Rechnen der Regeln eine zentrale Rolle spielt, nennen wir diese Art, Regelungen zu entwickeln „Smart Laws & Legislation“.

Das Vorgehen bei der „Smart Laws & Legislation“ weicht in drei Punkten vom gegenwärtigen Vorgehen bei der Gesetzgebung bzw. Verhandlung ab:

  1. Referenzfälle für Berechnungsregeln werden von Anfang an systematisch und z.T. von Verhandlungspartner:innen gemeinsam entwickelt. Diese verdeutlichen die komplexen Wirkmechanismen, die sich aus der Regelung ergeben.
  2. Ein Referenz-Rechner in einer allgemein zugänglichen Technik (z.B. Excel, python) wird durch die Verhandler oder unterstützende IT-affine Personen gleich mitentwickelt.
  3. Die Referenzfälle und der Referenzrechner werden als Begleitmaterialien bzw. optimalerweise als Teil der Regelung allgemein zugänglich, maschinell lesbar und versioniert abgelegt. 

Vergleichbares gibt es z.B. in Österreich für Gesetze etc. via https://ris.bka.gv.at/. Für Kollektiv- bzw. Tarifverträge etc. bräuchte es vergleichbare Register oder die Nutzung von entsprechenden Tools wie z.B. Github.

Smart Laws & Legislation lassen uns folgende Vorteile erwarten:

  • Qualitativ hochwertigere Regeln, weil bei der Entwicklung und Systematisierung der Referenz-fälle und durch die Umsetzung im Referenz-Rechner sofort zusätzliche Rechtsfragen sichtbar werden, die aufgrund der oft hohen Komplexität sonst meist erst in konkreten Einzelfällen auf-tauchen.
  • Verschiedene Personenkreise können die Regeln sicherer, schneller und mit weniger Aufwand anwenden.
  • Die systematische Sammlung der Referenzfälle und teilautomatisierte Prüfung im Rechner sparen Zeit, weil Verhandlungsvarianten schneller verstanden werden („Was passiert, wenn…?“).
  • Es entstehen weniger Regelungslücken und vorhandene Lücken sind klar erkennbar, wenn z.B. durch zwei Rechner bei gleichen Tatbestandsmerkmalen gleiche Ergebnisse bei den Referenz-fällen, aber unterschiedliche Ergebnisse in anderen Fällen ergeben.
  • Bei Veränderungen wird es einfacher, zu verstehen, was sie genau auslösen.

Die Umsetzung erfordert die Beiziehung von IT-affinen Personen oder sachkundigen Expert:innen. Z.T. ist eine umfangreichere Vorbereitung notwendig, falls komplexe Regeln abgebildet werden sollen.

Laden Sie hier die Präsentationsfolien zum Vortrag "Smart Laws & Legislation" von Dr. Johannes Gärtner auf dem 10. Arbeitszeitsymposium, 21.10.2022 in Dortmund, herunter.

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XIMES GmbH, Arlinghaus 11. November 2022
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